„Bleibt das Dorf mobil?“ Diese und andere Fragen zur Zukunft des ÖPNV - in Nordhessen und deutschlandweit - waren Thema einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Südflügel des Kulturbahnhofs Kassel. Anlass der Veranstaltung war das 30-jährige Bestehen des Nordhessischen VerkehrsVerbunds. NVV-Geschäftsführer Marian Volmer und Moderator Max Moor diskutierten mit Carmen Maria Parrino, Geschäftsführerin DB Vertrieb Nahverkehr, Dr. Bernd Rosenbusch, Geschäftsführer des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds, Prof. Dr. Carsten Sommer, Leiter des Fachgebiets Verkehrsplanung und Verkehrssysteme an der Universität Kassel und Torsten Wiesske, Senior Manager für On-Demand-Verkehr bei der Transdev GmbH.
ÖPNV ist unverzichtbar und verdient mehr politische Aufmerksamkeit und Investitionen – darin waren sich die Podiumsgäste einig. „Wesentliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugriff auf ein Auto: Bus und Bahn ermöglichen ihnen die Teilhabe am Leben“, betonte MVV-Geschäftsführer Dr. Bernd Rosenbusch und nannte ein Beispiel: „Ohne Busanbindung kommen Auszubildende nicht zu ihrem Handwerksbetrieb – sie sind abgehängt.“
Damit sei ÖPNV auch ein wirtschaftlicher Standortfaktor, stellte NVV-Geschäftsführer Marian Volmer klar. „Jeder Cent, den ich in den ÖPNV stecke, zahlt sich drei Mal wieder aus.“ In Nordhessen sehe man zum Beispiel deutlich, dass Orte mit einer RegioTram-Anbindung mehr Zuzug hätten – und sich auch Unternehmen eher dort ansiedelten.
Die Podiumsgäste sprachen auch über das, was besser laufen müsste bei Bus und Bahn. Verspätungen und Ausfälle ließen sich nicht immer vermeiden, aber doch erträglicher für die Fahrgäste machen, sagte Carmen Maria Parrino von DB Vertrieb: „Information, verlässlich und zeitnah – das ist ein großes Thema, wenn etwas nicht funktioniert. Daran müssen wir noch stärker arbeiten.“
Kontrovers wurde es beim Thema On-Demand-Verkehr – also Fahrten mit kleinen Fahrzeugen, die flexibel nach Fahrgastwunsch gebucht werden können. Moderator Max Moor fragte, ob On-Demand nicht einfach ein Taxibetrieb mit günstigeren Fahrpreisen sei. Im ländlichen Bereich gebe es häufig keine Taxi-Anbieter mehr, entgegnete Torsten Wiesske von Transdev – und erklärte: „Es geht darum, neue Menschen in den ÖPNV zu bekommen – mit einem Mobilitätsangebot, das dem eigenen Auto ähnlich ist.“
Doch On-Demand allein sei nicht die Lösung, befand Prof. Dr. Carsten Sommer von der Universität Kassel – für ein umfassendes ÖPNV-Angebot brauche es alles, also auch Bus und Bahn. „Der NVV ist da schon vorbildlich mit dem fast flächendeckenden Stundentakt in Nordhessen. So kann man auch im ländlichen Raum die Fahrgastzahlen steigern“, sagte Sommer.