Die Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen Korbach und Frankenberg ist eine Erfolgsgeschichte: Mehr als 340.000 Fahrgäste sind jedes Jahr auf dieser Strecke unterwegs. Bahnfahren gehört von der Hansestadt im Nordkreis bis in die Philipp-Soldan-Stadt im Südkreis nun schon seit zehn Jahren wieder zum Alltag im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Davor war das 25 Jahre lang nicht möglich und zwischen den beiden Orten waren Busse unterwegs.
Auf Basis einer Betriebskonzeption des NVV ertüchtigte die Kurhessenbahn als Infrastrukturbetreiber die Strecke so, dass seit September 2015 von Marburg über Frankenberg und Korbach durchgehend Züge nach Brilon Wald/Stadt verkehren. Damit wurde die Lücke im Schienennetz zwischen Korbach und Frankenberg dauerhaft geschlossen. Der Landkreis Waldeck-Frankenberg erhält so eine durchgehende Anbindung nach Mittel- und Südhessen sowie an den Hochsauerlandkreis und ins Ruhrgebiet. Darüber hinaus erschließt die neue Verbindung den nördlichen Kreisteil inklusive der Stadt Korbach, die hiermit einen Umsteigeknoten in Richtung Kassel erhält.
Die Reaktivierung der Strecke war eine wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung des Nationalparks Kellerwald-Edersee zum „Fahrtziel Natur” der Deutschen Bahn. Hierfür haben gemeinsame Anstrengungen des Landkreises Waldeck-Frankenberg, des Nationalparks, des NVV und der Grimm Heimat Nordhessen mit den Beherbergungsbetrieben stattgefunden, um eine kostenlose Mobilität vor Ort mit der Gästekarte Meine CardMobil zu gewährleisten.
Geburtstagskuchen für die Fahrgäste
Der NVV und die KHB möchten das zehnjährige Bestehen der reaktivierten Strecke zum Anlass nehmen und mit den Fahrgästen die erfolgreiche Reaktivierung feiern. Dafür werden am Donnerstag, 11. September, und am Sonntag, 14. September, auf der Strecke sowie in den Kundenzentren Korbach und Frankenberg an alle Fahrgäste kleine Geburtstagskuchen verteilt. Zudem verweisen Plakate in den Kundenzentren und Fahrzeugen auf den Geburtstag der Streckenreaktivierung hin.
Die Geschichte der Strecke zwischen Korbach und Frankenberg
Mit einem großen Streckenfest wurde im September 2015 – vor genau zehn Jahren – die 30 Kilometer lange Strecke der früheren „Unteren Edertalbahn“, die heute als „Nationalparkbahn“ bekannt ist, reaktiviert. Der Personenverkehr wurde auf diesem Abschnitt am 30. Mai 1987 eingestellt. Noch vier Jahre lang verkehrte Güterverkehr zwischen Frankenberg und Vöhl-Ederbringhausen. Der Rest der Strecke wurde nur noch vereinzelt von Güterzügen befahren. Die Weichen in Frankenberg-Schreufa, Vöhl-Ederbringhausen und Herzhausen wurden schließlich zurückgebaut. Es gab danach noch einige Sonderfahrten auf dem Abschnitt, die aber 1991 eingestellt wurden. Lediglich während des Hessentags im Jahr 1997 in Korbach gab es auf dem gesamten Abschnitt aus diesem Anlass einen Sonderverkehr.
Nachdem 1998 der Abschnitt Korbach–Volkmarsen reaktiviert worden war, begannen schließlich die Planungen, die „Nationalparkbahn“ wieder im Personenverkehr zu befahren, um eine durchgehende Verbindung nach Marburg und ins Rhein-Main-Gebiet zu schaffen. Ab dem 29. September 1999 wurde zunächst das 1,5 Kilometer lange Teilstück vom Korbacher Hauptbahnhof nach Korbach Süd wieder befahren. 2005 wurde der Abschnitt zwischen Frankenberg und Herzhausen für die Reaktivierung freigeschnitten.
Ein Wirtschaftlichkeitsgutachten, das im Jahr 2007 vorgelegt wurde, bescheinigte der Strecke jedoch keinen volkswirtschaftlichen Nutzen, worauf der NVV von seinem Rücktrittsrecht im Realisierungsvertrag Gebrauch machte. Die Planungen sahen zu dieser Zeit Investitionen in Höhe von 43 Millionen Euro zur Beschleunigung der Strecke zwischen Cölbe und Korbach vor, um in Marburg kurze Anschlüsse nach Frankfurt und in Brilon Wald nach Hagen herzustellen. Das Fahrgastpotenzial zwischen Korbach und Frankenberg von 1150 Fahrgästen pro Tag reichte nicht aus, um diese Kosten zu rechtfertigen.
Ausflugsverkehr als Vorlauf für Reaktivierung
Als Vorlauf für die geplante Reaktivierung wurde in den Jahren 2006 und 2007 an Sonn- und Feiertagen ein Ausflugsverkehr von Frankenberg nach Herzhausen angeboten. Das Angebot wurde jedoch nicht fortgesetzt. Durch die geplante Innenstadtanbindung in Brilon durch den Bahnhof änderten sich schließlich die Rahmenbedingungen. Mit der Linie RE57 (Dortmund <> Brilon) konnten in Brilon Wald gute Anschlussbedingungen in Richtung Sauerland und Ruhrgebiet hergestellt werden, ohne die Strecke zwischen Korbach und Cölbe beschleunigen zu müssen. In dieser Variante konnte es in Korbach einen optimalen Anschlussknoten zur vollen Stunde in Richtung Kassel geben. Mit dieser Variante wurde ein neuer Reaktivierungsversuch gestartet.
Am 25. September 2008 beschloss der Hessische Landtag, die Bahnstrecke zwischen Frankenberg und Korbach, deren Gleise noch nicht abgebaut waren, für den regulären Bahnverkehr zu reaktivieren. So sollte eine Verbindung von Marburg über Korbach nach Brilon geschaffen werden. Ab Sommer 2009 sollte wieder ein regelmäßiger Verkehr zwischen Frankenberg und Herzhausen stattfinden. Eine durchgehende Verbindung nach Korbach sollte längerfristig anvisiert werden. Von der nachfolgenden Landesregierung wurde dieser Beschluss jedoch zunächst nicht umgesetzt.
Von 2011 bis 2013 wurde von Frühling bis Herbst erneut ein Ausflugsverkehr angeboten. An Sonn- und Feiertagen pendelten fünf Zugpaare im Zweistundentakt zwischen Marburg und Herzhausen. Das Teilstück zwischen Herzhausen und Korbach Süd blieb aber wegen des starken Bewuchses und seines schlechten Zustandes weiterhin für jeglichen Verkehr gesperrt. Die Haltepunkte Frankenberg-Goßberg und Schreufa wurden weiterhin nicht bedient.
Neue Wirtschaftlichkeitsprüfung mit positivem Wert
Der Landkreis Waldeck-Frankenberg kündigte 2011 an, Geld für die Wiederinbetriebnahme des Teilstücks von Herzhausen nach Korbach zur Verfügung zu stellen. Daraufhin prüfte der NVV erneut eine Reaktivierung des Abschnitts im Personen- und Güterverkehr. Das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung - in diesem Fall über 1 - bescheinigte der Strecke einen positiven Wert. Anfang Juli 2012 entschied sich der NVV für die Reaktivierung, die von der Deutschen Bahn und dem Land Hessen beschlossen wurde. Nachdem der Landkreis Waldeck-Frankenberg ebenfalls für die Reaktivierung stimmte und zusagte, war die Wiederaufnahme des Verkehrs endgültig beschlossen.
Die Bauarbeiten in Zahlen
Die Bauarbeiten begannen am 30. Juni 2014 in Herzhausen. Nach nur 15-monatiger Bauzeit entstanden durch die Kurhessenbahn als Infrastrukturbetreiber der Strecke Bahnstationen in Goßberg, Ederbringhausen, Vöhl-Schmittlotheim, Herzhausen und Thalitter mit den entsprechenden Anlagen wie Bike+Ride und Park+Ride. Die fünf Haltepunkte sind seitdem barrierefrei.
In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Stützbauwerke und Durchlässe sowie Brücken entlang der Strecke instandgesetzt. Zwischen Korbach-Süd und Vöhl-Dorfitter sowie in Thalitter wurde jeweils eine Brücke erneuert und der kleine, mehr als 100 Jahre alte Itter-Tunnel mit einer Länge von 93 Meter sowie der große Itter-Tunnel mit einer Länge von 200 Metern wurden saniert. An neun Bahnübergängen wurden neue technische Sicherungen gebaut und Signalanlagen angepasst oder erneuert. Zudem wurden für den Zugfunk fünf Funkstandorte neu gebaut.
Hinzu kamen neue Buswendeschleifen in Herzhausen, Schmittlotheim und Ederbringhausen mit barrierefreien Haltestellen. Die Stationen Schreufa und Itter wurden nicht reaktiviert, da sie fernab von Ortschaften liegen.
Die Kosten für diese Maßnahmen betrugen rund 22 Millionen Euro, von denen das Land Hessen rund zwei Drittel der Kosten trug. Die restlichen Kosten teilten sich auf den Landkreis Waldeck-Frankenberg, die Kurhessenbahn und den NVV auf.
Am 11. September 2015 wurde die Bahnstrecke offiziell wieder in Betrieb genommen und am 12. und 13. September 2015 mit einem Streckenfest der Öffentlichkeit übergeben. Zur Feier des Tages wurde ein Dampfzug eingesetzt. Der planmäßige Personenverkehr wurde am 14. September 2015 wieder aufgenommen.
Fahrgastzahlen haben sich verdoppelt
Rasch wuchsen die Fahrgastzahlen von 146.000 auf mehr als 340.000 pro Jahr an. Nach ersten Zählungen 2015 waren auf der Linie pro Tag durchschnittlich 400 und zu Spitzenzeiten wie am Wochenende über 700 Fahrgäste unterwegs. Die durchschnittliche Besetzung von montags bis freitags mit mehr als 400 Reisenden lag deutlich höher als der Prognosewert von 250, der als langfristiger Entwicklungshorizont der Fahrgastzahlen bei der Strecke angenommen wurde. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 347.733 Fahrgäste befördert. Im Fokus stehen dabei nicht nur die täglichen Wege zur Arbeit, Schule und Ausbildung, sondern die Reisen zu touristischen Zielen wie dem Edersee, dem Nationalpark Kellerwald-Edersee oder in das Skigebiet Willingen, die seitdem mit der Bahn komfortabel zu erreichen sind.
Besonders die Fertigstellung des Kreuzungsbahnhofs in Frankenberg-Viermünden hat zum Anstieg der Fahrgastzahlen beigetragen. Seitdem sind die Züge nachmittags stündlich unterwegs und bieten eine attraktive Alternative zum Auto. Der Nationalpark Kellerwald-Edersee wurde dank der reaktivierten Bahnstrecke zum "Fahrtziel Natur" der Deutschen Bahn. Mit dem Nationalparkbahnhof Herzhausen kam ein echtes Aushängeschild dazu, das im Herzen der Strecke liegt und als Mobilitätsknoten wahrgenommen wird.
Für Marian Volmer, Geschäftsführer des Nordhessischen VerkehrsVerbundes, ist der Erfolg der Reaktivierung ein wichtiges Signal für die Verkehrswende in Deutschland: “Mit der Reaktivierung konnte auf dieser Strecke eine echte Alternative zum Individualverkehr geschaffen werden. Unser Interesse ist es auch in der Zukunft, einen attraktiven ÖPNV in Nordhessen anzubieten. Die Reaktivierung der Strecke zwischen Korbach und Frankenberg zeigt eindrucksvoll, dass die Menschen bereit sind, auf den ÖPNV umzusteigen, wenn Qualität und Angebot stimmen.“
Mit großer Freude und Stolz blickt Jens Wrabletz, Geschäftsleitung der KHB, auf die erfolgreiche Reaktivierung der Strecke zwischen Korbach Süd und Frankenberg – ein Projekt, für das sich die KHB als Infrastrukturbetreiber seit ihrer Gründung im Jahr 2002 kontinuierlich eingesetzt hat: „Von Anfang an war es unser erklärtes Ziel, die für uns bedeutungsvolle Verbindung zwischen Korbach Süd und Frankenberg zu reaktivieren und damit die bestehende Lücke im Netz der Kurhessenbahn zu schließen. Mit dem erfolgreichen Lückenschluss vor zehn Jahren ist uns ein wichtiger Meilenstein gelungen: Die prognostizierten Fahrgastzahlen wurden deutlich übertroffen, neue barrierefreie Bahnsteige und Fahrzeuge sorgen für einen komfortablen Zugang zum Zug. Durch den Neubau des Kreuzungsbahnhofs in Viermünden konnten wir den Takt spürbar verbessern. Die Strecke bringt einen großen Mehrwert für die touristische Region und hat eine wichtige Bedeutung für ihre Entwicklung.
Auch Waldeck-Frankenbergs Landrat Jürgen van der Horst zeigt sich zufrieden mit dem Erfolg der Streckenreaktivierung: „Der Landkreis unter dem starken Einsatz meines Vorgängers Dr. Reinhard Kubat hat sich damals richtig entschieden, die Reaktivierung zu befürworten, trotz einer hitzigen Diskussion im Hinblick auf die Finanzierung und trotz einiger Bedenken, ob das Angebot überhaupt angenommen würde.“ Fahrgastzahlen, die jegliche Erwartungen übertreffen, die nochmalige Attraktivitätssteigerung des Nationalparks Kellerwald-Edersee als „Fahrtziel Natur“ und eine erhebliche Verbesserung des Gesamtstreckennetzes im Landkreis gäben den Befürwortern der Reaktivierung nun nach zehn Jahren mehr als recht.
Verbindungen und Anschlüsse
Heute verkehren auf der Strecke zwischen Korbach und Frankenberg die Regionalzuglinien RE97 und RB97 (zuvor RB42). Die Linien bieten nun durchgehende Fahrten auf der Strecke Brilon Stadt <> Brilon Wald <> Willingen <> Korbach <> Frankenberg <> Marburg an und verkehren stündlich auf dem Abschnitt Marburg <> Frankenberg und zweistündlich auf dem Abschnitt Frankenberg <> Korbach <> Willingen <> Brilon Wald <> Brilon Stadt und nachmittags ebenfalls stündlich zwischen Frankenberg und Brilon Stadt.
Die Fahrt zwischen Korbach und Frankenberg dauert nur 38 Minuten. Unterwegs hält die Linie RB97 in Goßberg, Viermünden, Ederbringhausen, Schmittlotheim, Herzhausen, Thalitter und Korbach Süd. In Korbach besteht zur vollen Stunde Anschluss an die Regionalzuglinie RB4 von und nach Kassel. In Marburg bestehen Bahnanschlüsse in Richtung Gießen und Frankfurt.